In einem Schritt, der einen bedeutenden Wandel in der syrischen Außenpolitik widerspiegelt, empfing der Élysée-Palast in der französischen Hauptstadt Paris den syrischen Präsidenten Ahmad Al-Sharaa zu einem offiziellen Besuch – seinem ersten in einem westlichen Staat seit seiner Machtübernahme nach dem Sturz des früheren Präsidenten Baschar al-Assad im vergangenen Dezember. Der Besuch markiert einen Wendepunkt in der Neugestaltung der diplomatischen Beziehungen zwischen Damaskus und den europäischen Hauptstädten – vor dem Hintergrund der Bemühungen der neuen syrischen Führung, nach Jahrzehnten der Isolation und Konflikte ein neues Kapitel in den internationalen Beziehungen aufzuschlagen.
Präsident Al-Sharaa führte ein ausführliches Gespräch mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron. Im Mittelpunkt standen bilaterale, regionale und internationale Themen von gemeinsamem Interesse, insbesondere die Sicherheitslage in Syrien, der Wiederaufbau des Landes und Möglichkeiten zur Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit – insbesondere in den Bereichen Energie und zivile Luftfahrt. Auch die westlichen Sanktionen gegen Syrien, das Verhältnis zu Libanon sowie sicherheitspolitische Herausforderungen wie die wiederholten israelischen Angriffe auf syrisches Territorium wurden erörtert.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz nach dem Gipfeltreffen betonte der syrische Präsident, dass das Gespräch mit Macron Themen der Sicherheits- und Wirtschaftskooperation, Fragen von Gerechtigkeit und Rechenschaft, sowie die gegen Damaskus verhängten Sanktionen und die Beziehungen zu den Nachbarstaaten behandelt habe. Al-Sharaa betonte, dass seine Regierung das Dossier des Drogenhandels ernst nehme und aktiv an der Eindämmung konfessioneller Gewalt arbeite. Er bekräftigte zudem die Kooperation Syriens mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) und der UN-Untersuchungskommission zu Menschenrechtsverletzungen.
Al-Sharaa sagte: „Wir haben bekräftigt, dass wir ein ernstzunehmender Partner im Kampf gegen Drogen sind und konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung sektiererischer Gewalt ergreifen.“ Er fügte hinzu, dass die Zukunft Syriens „nicht in fernen Hauptstädten gezeichnet werden darf, sondern aus dem Willen des syrischen Volkes hervorgehen muss“. Der syrische Präsident forderte die Aufhebung der westlichen Sanktionen, die er als „Hindernis für den Wiederaufbau und die Erholung Syriens“ bezeichnete, und betonte die Notwendigkeit eines unterstützenden internationalen Umfelds für den politischen Übergangsprozess.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hieß den syrischen Präsidenten willkommen und bezeichnete den Dialog mit ihm als „konstruktiv und offen“. Er erklärte, dass Frankreich einen politischen Weg unterstütze, der zu einem „stabilen und souveränen Syrien“ führe, und sprach sich für eine schrittweise Aufhebung der Sanktionen aus, um Syrien den Eintritt in eine umfassende Erholungsphase zu ermöglichen. Macron sagte: „Ein neuer Führer hat dem Regime ein Ende gesetzt, das wir lange verurteilt haben – das ist eine Chance, den friedlichen Wandel in Syrien zu unterstützen.“
Der Besuch findet in einer Übergangsphase Syriens statt, nach dem Ende von über sechs Jahrzehnten Baath-Herrschaft – darunter 24 Jahre unter Präsident Baschar al-Assad. Al-Sharaa hatte im Januar die Macht übernommen, nachdem die neue syrische Führung eine fünfjährige Übergangszeit angekündigt hatte, mit dem Ziel, die staatlichen Institutionen wiederaufzubauen und die außenpolitischen Beziehungen zu stärken.
Der Gipfel mit Frankreich gilt als Signal eines beginnenden diplomatischen Durchbruchs Syriens gegenüber dem Westen. Die internationale Gemeinschaft verfolgt aufmerksam, inwieweit das neue Damaskus sich zu den Prinzipien von Demokratie und Übergangsjustiz bekennt und sich auf regionale sowie internationale Initiativen zur Beendigung der seit über einem Jahrzehnt andauernden Syrienkrise einlässt.