Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat betont, dass die direkten Auswirkungen der jüngst von den Vereinigten Staaten verhängten Zollmaßnahmen auf die Volkswirtschaften der Länder im Nahen Osten und Nordafrika voraussichtlich begrenzt bleiben. Dies sei vor allem auf den geringen Handelsaustausch dieser Länder mit den USA sowie auf die Ausnahmen für Energieexporte zurückzuführen.
Diese Einschätzung äußerte Jihad Azour, Direktor der Abteilung für den Nahen Osten und Zentralasien beim IWF, während einer Pressekonferenz in Washington am Rande der Jahrestagungen von IWF und Weltbank. Azour wies jedoch darauf hin, dass indirekte Auswirkungen deutlicher ausfallen könnten – etwa durch eine Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums, was zu sinkenden Ölpreisen und einer Verschlechterung der Finanzlage der ölproduzierenden Länder der Region führen könnte.
Azour merkte an, dass einige Länder möglicherweise von einer Umleitung globaler Handelsströme aufgrund der aktuellen Handelsspannungen profitieren könnten, jedoch seien solche Vorteile voraussichtlich begrenzt und temporär. Zu den indirekten Folgen des Handelskonflikts zählten laut Azour auch Belastungen für die finanzielle Stabilität und Kapitalflüsse. Er warnte, dass sich eine Ausweitung der Renditespannen insbesondere auf Schwellenländer und hochverschuldete Länder mit mittlerem Einkommen negativ auswirken könnte.
In Bezug auf die Wachstumsaussichten senkte der IWF seine Prognosen für die Region Naher Osten und Nordafrika. Für 2025 wird nun ein Wachstum von 2,6 % erwartet, gefolgt von 3,4 % im Jahr 2026 – ein Rückgang um 0,9 bzw. 0,5 Prozentpunkte gegenüber den bisherigen Schätzungen. Gründe dafür seien unter anderem das verlangsamte globale Wachstum sowie anhaltende regionale Konflikte.
Zudem kündigte der IWF die Gründung einer informellen Koordinierungsgruppe zur Unterstützung von Wiederaufbaubemühungen in konfliktbetroffenen Ländern an. Diese Initiative erfolgt in Zusammenarbeit mit der Weltbank und regionalen Partnern und zielt darauf ab, wirtschaftliche Kapazitäten zu stärken sowie politische Beratung und finanzielle Hilfe bereitzustellen.
Azour betonte das strategische Potenzial der Region als Verbindung zwischen Ost und West und rief dazu auf, diese Position durch eine Intensivierung der Handels- und Investitionsbeziehungen sowohl mit benachbarten Regionen als auch innerhalb der MENA-Region besser zu nutzen.
Angesichts der globalen Unsicherheit forderte Azour die Länder der Region dazu auf, sich auf das Management kurzfristiger Risiken zu konzentrieren und gleichzeitig strukturelle Reformen voranzutreiben, um langfristiges Wachstum zu sichern. Zudem hob er die Bedeutung des wirtschaftlichen und finanziellen Stabilitätsschutzes hervor – insbesondere im Hinblick auf Risiken wie sinkende globale Nachfrage, geopolitische Eskalationen, klimatische Schocks und abnehmende Entwicklungshilfe.
Abschließend unterstrich Azour, dass eine stärkere wirtschaftliche Integration auf regionaler Ebene sowie ausgeweitete Partnerschaften mit Regionen wie Subsahara-Afrika und Asien dazu beitragen könnten, die Anfälligkeit gegenüber externen Schocks zu verringern und ein nachhaltigeres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen.