Angesichts der seit fast 20 Monaten andauernden Blockade des Gazastreifens hat das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) seine tiefe Besorgnis über das derzeitige System zur Verteilung humanitärer Hilfe geäußert und dieses als „erniedrigend“ bezeichnet. In einer am letzten Dienstag veröffentlichten Erklärung betonte UNRWA, dass Hilfslieferungen an die Menschen in Gaza „sicher und flächendeckend“ erfolgen müssten – und dass dies nur über die Vereinten Nationen, einschließlich UNRWA, möglich sei, da diese über langjährige Erfahrung und das Vertrauen der lokalen Gemeinschaft verfüge.
Laut offiziellen Berichten des Gesundheitsministeriums in Gaza ist die Zahl der Opfer, die beim Versuch, humanitäre Hilfe von israelisch-amerikanisch betriebenen Verteilzentren im Süden des Gazastreifens zu erhalten, gestorben sind, seit Ende Mai auf 163 gestiegen; fast 1.500 Menschen wurden verletzt. Außerdem habe ein israelischer Angriff am Dienstagmorgen in der Nähe des Netzarim-Korridors im Zentrum des Gazastreifens 36 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt.
UNRWA erklärte weiter, das aktuelle System zwinge Palästinenser\innen in Gaza dazu, „Dutzende Kilometer zu Fuß zurückzulegen“, wodurch besonders gefährdete Gruppen und entlegene Gebiete oft keine Grundversorgung erhalten. Dieses System sei ungeeignet, um die Hungerkrise im Gazastreifen wirksam zu bekämpfen.
In diesem Zusammenhang warnte UNRWA vor den Gefahren des anhaltenden Ausnahmezustands und forderte, die Blockade aufzuheben und der UNO die sichere und uneingeschränkte Lieferung sowie Verteilung von Hilfsgütern zu gestatten. Die Organisation wies darauf hin, dass sich in ihren Lagerhäusern außerhalb des Gazastreifens Hilfsgüter im Umfang von 6.000 LKW-Ladungen befinden – die jedoch zu verderben drohen, wenn ihr Transport weiterhin verhindert werde. „Lebensmittel absichtlich verrotten und Medikamente verfallen zu lassen, ist ein Skandal“, hieß es in der Erklärung.
Unterdessen verwies UNRWA darauf, dass Israel am 27. Mai begonnen habe, ein neues Verteilungssystem über die sogenannte „Humanitäre Gaza-Stiftung“ einzuführen – ein Projekt mit amerikanisch-israelischer Unterstützung, das von einigen palästinensischen Akteuren als Versuch gesehen wird, die Bevölkerung aus dem Norden in den Süden des Gazastreifens umzusiedeln. Gleichzeitig hält Israel seit Anfang März die Grenzübergänge nach Gaza geschlossen, was die Versorgungskrise weiter verschärft.
Auch andere humanitäre Organisationen wie das Internationale Rettungskomitee (IRC) äußerten große Besorgnis über die aktuelle Lage. Kieran Donnelly, Vizepräsident des IRC für internationale Programme, erklärte: „Was wir sehen, ist chaotisch und tragisch.“ Hunderttausende Palästinenser\innen müssten unter menschenunwürdigen Bedingungen um geringe Mengen an Hilfsgütern kämpfen. Die Organisation verfüge über 27 Tonnen Hilfsgüter, deren Einfuhr nach Gaza von Israel verweigert werde.
Die Vereinten Nationen und zahlreiche NGOs lehnen eine Zusammenarbeit mit der „Humanitären Gaza-Stiftung“ strikt ab, da diese nicht den grundlegenden Prinzipien humanitärer Hilfe wie Neutralität und Unabhängigkeit folge. Vielmehr sei das Projekt in erster Linie auf die Umsetzung israelischer Militärziele ausgerichtet und nicht auf die unmittelbare Versorgung der Bevölkerung.
In diesem Kontext wachsen die Sorgen über eine Ausweitung der Hungersnot im Gazastreifen. Die Bevölkerung ist nahezu vollständig auf externe Hilfe angewiesen, deren Verteilung jedoch durch die anhaltende Blockade und strenge Sicherheitsvorkehrungen massiv behindert wird